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Stuttgart, 05.12.2016 – Das aktuelle Verfahren um den Rechtsstatus von Rotkreuzschwestern ist ein komplexer Sachverhalt. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick der einzelnen Ereignisse.

Die Entscheidung des EuGHs, die Verabschiedung der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes oder auch die bevorstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgericht 2017 sind Themen, die aktuell nicht nur unsere Mitglieder und deren Familien bewegen. An dieser Stelle werden wir einen Überblick der bisherigen Geschehnisse geben und den aktuellen Sachstand zusammenfassen.

Um was geht es eigentlich?

Bereits seit Längerem setzt sich die Rotkreuzschwesternschaft Essen mit einem Verfahren am Bundesarbeitsgericht auseinander. Der Betriebsrat der Essener Ruhrlandklinik, ein Krankenhaus, welches mit der Essener Rotkreuzschwesternschaft zusammenarbeitet, strebt mittels des gerichtlichen Verfahrens die Feststellung des Arbeitnehmerstatus von Rotkreuzschwestern an. Sein Ziel ist die Aufhebung des aktuell gültigen Mitgliedstatus. Da der Essener Betriebsrat in den Vorinstanzen unterlag, ist er bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) gezogen.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Bestrebungen verschiedener Seiten für Rotkreuzschwestern den Arbeitnehmerstatus festzulegen. Jedoch hat das Bundesarbeitsgericht fortlaufend festgestellt, dass Rotkreuzschwestern zwar einen vergleichbaren Schutz wie Arbeitnehmerinnen genießen, jedoch als hauptberuflich tätige Mitglieder ihrer Vereine, den DRK-Schwesternschaften, keine Arbeitnehmerinnen seien. Da Rotkreuzschwestern als „Nicht-Arbeitnehmerinnen“ tätig sind, findet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in seiner aktuellen Fassung auf Rotkreuzschwestern auch keine Anwendung.

Das Bundesarbeitsgericht hat in dem Verfahren den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerufen, um die Fragestellung nach dem Rechtsstatus von Rotkreuzschwestern auf europäischer Ebene zu klären.

Wie hat der Europäische Gerichtshof entschieden?

Am 17.11.2016 hat der EuGH seine Entscheidung bekanntgegeben. Diese besagt, dass Rotkreuzschwestern auf europäischer Ebene dem Arbeitnehmerstatus unterliegen und daher auch die europäische Leiharbeitsrichtlinie anwendbar sei. Gleichzeitig hat der EuGH jedoch die endgültige Entscheidung an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen, um mögliche Ausnahmen auf nationaler Ebene zu prüfen.

Was bedeute dies für mich als Rotkreuzschwester persönlich und was passiert nun?

Für Sie als Mitglieder hat diese Entscheidung zunächst keine Auswirkungen. Die Entscheidung des EuGH ist eine Vorabentscheidung und nimmt nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vorweg. Diese wird am 21. Februar 2017 erwartet. Über den Ausgang des Verfahrens werden wir entsprechend informieren.
Aktuell heißt es Ruhe bewahren und abwarten. Wir in Stuttgart und unser Verband in Berlin erarbeiten Möglichkeiten für die unterschiedlichsten Szenarien. Lassen Sie sich nicht verunsichern – wir werden eine konstruktive Lösung finden.

Und was hat das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz damit zu tun?

Als ob das BAG Verfahren nicht schon komplex genug wäre, spielt nun auch noch die aktuelle Gesetzgebung eine entscheidende Rolle. Denn sollte das Bundesarbeitsgericht 2017 zu der Entscheidung kommen, Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerinnen einzustufen, würden wir Mitglieder plötzlich unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fallen. Und dieses Gesetz wurde 2016 neu verabschiedet – in Kraft treten wird es am 01. April 2017. Ein wesentlicher Bestandteil der Novellierung des AÜG ist, dass Leiharbeitnehmer nur noch maximal für 18 Monate in einem Unternehmen eingesetzt werden können.

Trotz intensiver Bemühungen und einer Petition unseres Verbands vergangenen November mit fast 11.000 Unterschriften, ist es uns nicht gelungen, eine Ausnahmeregelung für Rotkreuzschwestern analog zu den Kirchen im AÜG zu verankern. Es freut uns daher mitteilen zu können, dass zwischenzeitlich zwischen dem Ministerium für Arbeit und Soziales, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Verband der Schwesternschaften ein Kompromissvorschlag ausgehandelt werden konnte. Dieser sieht vor, dass Rotkreuzschwestern – sollte der Arbeitnehmerstatus durch das BAG eingeführt werden und das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Anwendung finden – nicht unter die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten fallen. Der weitere unbefristet und dauerhaft Einsatz in den jeweiligen Einsatzfeldern ist so gewährleistet.

An wen wende ich mich bei Fragen?

Liebe Mitglieder, natürlich halten wir Sie – wie versprochen – stets auf dem aktuellen Stand. Gezielte Fragen lassen sich im persönlichen Kontakt jedoch meist einfacher regeln. Ganz gleich wie groß oder klein Ihre Frage auch sein mag: Wir sind für Sie da! Sie erreichen uns unter den bekannten Nummern sowie per Mail unter eughinfo@wssrk.de.

HINTERGRÜNDE

Was bedeutet Mitgliedsstatus?

Mitglieder unserer Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz üben – wie alle Rotkreuzschwestern – ihre berufliche Tätigkeit im Rahmen des Mitgliedstatus aus. Aufgrund der Mitgliedschaft in einer DRK-Schwesternschaft sind Rotkreuzschwestern keine Direktangestellte ihres Einsatzfeldes. Grundlage der beruflichen Tätigkeit ist die Satzung und die Mitgliederordnung der jeweiligen Rotkreuzschwesternschaft. In diesen Dokumenten sind alle relevanten Details, ähnlich eines Arbeitsvertrags, geregelt.

Mitglieder unserer Rotkreuzschwesternschaft, welche alle freiwillig Teil unserer Rotkreuzgemeinschaft sind, nehmen direkt Einfluss auf Entscheidungen unseres Vereins. Darüber hinaus genießen sie eine hohe rechtliche Sicherheit: Die Mitgliedschaft kann – nach einem Einführungsjahr – nur durch die Rotkreuzschwester selbst beendet werden. Die DRK-Schwesternschaften bieten mittels der Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz eine eigene betriebliche Altersvorsorge. Und nicht zu vergessen: Im Rahmen des Deutschen Roten Kreuzes können unsere Mitglieder im Inland sowie weltweit jederzeit an Hilfseinsätzen im Krisen- und Katastrophenfall teilnehmen und so unkomplizierte, schnelle Hilfe leisten.

Eines liegt alle 33 DRK-Schwesternschaften besonders am Herzen: Die berufliche Entwicklung unserer Rotkreuzschwestern. Daher fördern wir unsere Mitglieder ganz individuell und begleiten sie ein Berufsleben lang. Aus-, Fort- und Weiterbildungen sowie die Möglichkeit, ein Studium zu absolvieren, stehen seit jeher bei uns im Fokus.

Und wieso möchten Einige, dass Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerinnen gelten?

Es hält sich leider hartnäckig das Gerücht, Rotkreuzschwestern seien schlechter gestellt als direktangestellte Pflegekräfte. Diese Aussage ist schlichtweg falsch. Der Einsatz von Rotkreuzschwestern bei unseren Partnern wie z.B. Kliniken, Hospizen, Altenheimen und ambulanten Pflegediensten findet zu den gleichen tarifvertraglichen Bedingungen statt wie bei Direktangestellten. Damit sind die relevanten Anforderungen von „equal pay“ und „equal treatment“ erfüllt. Auch das BAG hat mehrfach festgestellt, dass Rotkreuzschwestern einen vergleichbaren Schutz wie Arbeitnehmerinnen innerhalb ihres Mitgliedsstatus genießen.