Stuttgart, 12. Mai 2022 – Die Vorsitzende der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz e. V. (WSSRK) und des Landespflegerates Baden-Württemberg (LPR BaWü), Susanne Scheck, forderte anlässlich des Tags der Pflege einen fachlichen, sachlichen Diskurs zur Zukunft der Profession Pflege. „Es ist fünf nach zwölf. Zu den 500.000 Pflegekräften, die in den kommenden Jahren in Ruhestand gehen, kommen noch mehr als 9.000 Kolleginnen und Kollegen, die allein 2020 aufgrund der Corona-Pandemie ihrem Beruf den Rücken gekehrt haben. Es wird endlich Zeit, die Profession Pflege anzuerkennen und zu stärken und sie nicht als zweitrangigen Gesundheitsberuf zu degradieren, wie es Herr Prof. Hecken jüngst getan hat.“
Pflege bleibt laut – unter diesem Motto fand heute auf dem Stuttgarter Schlossplatz eine gemeinsame Veranstaltung des Walk auf Care sowie des Landespflegerats Baden-Württemberg mit seinen Mitgliedsverbänden statt. Mit bunten Programmpunkten machten die Organisatoren auf die Herausforderungen des Gesundheitswesens und die Belange der professionell Pflegenden in Baden-Württemberg aufmerksam. Weitere Pflege-Organisationen waren dem Aufruf des LPRs gefolgt, um vor Ort laut zu werden und zu bleiben.
Susanne Scheck, Vorsitzende der WSSRK und des LPR BaWü, bedankte sich zu Beginn ihrer Rede bei den zahlreich anwesenden Pflegefach-kräften: „Ich bin stolz, seit über 30 Jahren Krankenschwester zu sein. Natürlich gab es gute und schlechte Zeiten. Heute stehe ich hier und es erfüllt mich mit Zuversicht, dass die Berufsgruppe es geschafft hat, trotz Pandemie und anderer Hindernisse, menschlich zugewandt zu bleiben und die ihr anvertrauten Personen gut zu versorgen. Ich habe große Hochachtung vor Ihrer Leistung und möchte mich für Ihr Engagement bedanken.“
„Die Pflege als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen muss selbstbewusster werden und künftig sichtbar und hörbar sein“, appellierte die examinierte Krankenschwester und Diplom-Pflegewirtin an ihre MitstreiterInnen.
Wie der LPR BaWü setzt sich auch die Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz aktiv für die Schaffung einer Landespflegekammer ein. Nur mit einer legitimen Standesvertretung der Berufsgruppe könne man anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen auf Augenhöhe begegnen und würde von einzelnen Playern im Gesundheitssystem, wie Herrn Professor Hecken, als Akteur gesehen werden, der zwingend mitentscheiden muss. „Wir fordern die Politik auf, uns bei der Errichtung einer Pflegekammer zu unterstützen, wie im Koalitionsvertrag versprochen“, richtete Susanne Scheck ihre Forderung gen Landtag. „Die Profession Pflege arbeitet an fast allen Nahtstellen der medizinischen Leistungserbringung und spielt natürlich eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem. Es ist daher unabdingbar, dass Veränderungsprozesse in diesem auch von uns Pflegenden mitgestaltet werden und wir mitentscheiden dürfen“, erklärte sie sichtlich entrüstet über die beschämenden Worte des unparteiischen GBA-Vorsitzenden. „Wenn wir das Ziel haben, dass unser Gesundheitssystem eine nahtlose, qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung bieten soll, dann kann und darf auf die Expertise der größten Berufsgruppe, der Pflege, nicht verzichtet werden.“
Der LPR BaWü hatte bereits im Vorfeld seine Mitgliedsverbände aufgerufen, mit Postkarten an die Abgeordneten dem Wunsch Nachdruck zu verleihen, endlich eine Pflegekammer zu etablieren. Die WSSRK folgte diesem Aufruf bereits. Zahlreiche Rotkreuzschwestern unterstützten die Aktion und verschickten Postkarten. Auch auf dem Schlossplatz könnten Kurzentschlossene noch Karten ausfüllen und am Ende der Veranstaltung gemeinsam mit dem LPR in den Briefkasten des Landtags einwerfen. „Wir brauchen Ihre Unterstützung, damit die Pflege den gesellschaftlichen Stellenwert einnimmt, der ihr gebührt. Denken Sie schon heute an Morgen und wie Sie gepflegt werden wollen“, appellierte Vorsitzende Susanne Scheck an die Menschen, die sich vor Ort versammelt haben.
Die Veranstaltung lief unter dem Hashtag #PflegeBleibtLaut. Neben dem LPR BaWü teilte auch die WSSRK Inhalte auf ihren Kanälen in den sozialen Medien unter diesem Schlagwort. Hinzukam eine bundesweite Aktion der DRK Schwesternschaften, die unter dem Hashtag #RotkreuzschwesternBleibenLaut ihre KollegInnen in Baden-Württemberg unterstützten. Ziel war es auch digital auf die Situation in der Pflege aufmerksam zu machen und sich Gehör zu verschaffen.
„Lassen Sie uns auch künftig als Berufsgruppe laut bleiben. Dann schaffen wir viel zusammen, gemeinsam mit den Gewerkschaften, den Berufsverbänden und einer Pflegekammer. Für die alternde Gesellschaft und für unseren Berufsstand“, appellierte Susanne Scheck auch an ihre Kolleginnen und Kollegen, die nicht alle einstimmig hinter der Etablierung einer Pflegekammer stehen. Das sei aber das Gute an einer Demokratie – alle Meinungen zählen und am Ende gebe es eine Mehrheitsentscheidung. „Und diese fiel bei der Befragung eindeutig für die Kammer aus“, erinnert Scheck an die Befragungsergebnisse des renommierten Instituts Kantar Public. Sie bat ihre Mitstreiter und die Politik zudem, auch im Auge zu behalten, dass die Kammergegner oft genug gar nicht aus der Pflege kämen und auch nicht aus Baden-Württemberg. „Die Erfahrungen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein zeigen, dass nicht immer die Mehrheit am lautesten ist. Diese Kammergegnernomaden haben sich jetzt auf den Weg nach Westen gemacht und feuern derzeit in NRW laut aus ihren Kanonen. Helfen Sie mit, dass wir, die manchmal schweigende Mehrheit, endlich laut werden und bleiben und uns dafür einsetzen, dass nicht wieder andere für uns entscheiden, sondern wir als größte Berufsgruppe mit an den Tischen sitzen“, rief Vorsitzende Susanne Scheck zum Abschluss in die Menschenmenge.