Stuttgart, 12.02.2018 – Jetzt zählt Ihre Meinung! Denn: Die Landesregierung Baden-Württemberg führt im ersten Quartal 2018 eine repräsentative Befragung zum Wunsch nach einer Pflegekammer durch. Das Ergebnis ist entscheidend für die Zukunft einer Landespflegekammer. Doch worum geht es eigentlich?
Die Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz befürwortet seit Langem die Errichtung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg. Eine berufsständische Interessenvertretung ist ein wesentliches Merkmal der Emanzipation der professionell Pflegenden gegenüber anderen Berufsgruppen und deren Ansprüchen. Wir Pflegekräfte können die uns betreffenden Belange zum Wohl der eigenen Berufsgruppe, der Patienten, deren Angehörigen und der Gesellschaft eigenverantwortlich in die Hand nehmen. Nachfolgend finden Sie die, aus unserer Perspektive, fünf wichtigsten Gründe für eine Pflegekammer.
Doch zunächst: Was ist das Ziel der Pflegekammer?
Das oberste Ziel einer Pflegekammer ist es, eine fachgerechte und professionelle Pflege der Bevölkerung sicherzustellen. Die Pflegekammer ist das Instrument, das die Verantwortung für die beruflichen Belange den Pflegekräften selbst in die Hand gibt.
Und welche Aufgaben übernimmt die Kammer?
Zu den Aufgaben der Pflegekammer zählen unter anderem:
– Erlass einer Berufsordnung
– Regelungen für Fort- und Weiterbildung
– Führen eines Berufsregisters aller Pflegefachkräfte
– Bündelung der berufsständischen Interessen der Pflege
– Einsatz von Gutachten und Sachverständigen, z.B. in Schiedsstellen
– Beratung für Berufsangehörige bei juristischen, ethischen, fachlichen und berufspolitischen Fragen
– Mitwirkung bei der Gestaltung des Gesundheitssystems vor dem Hintergrund der Pflegeexpertise
– Mitwirkung bei der Ausgestaltung gesetzlicher Bestimmungen für die Pflegeausbildung und bei der Entwicklung von verbindlichen Curricula und Prüfungsverfahren
Warum JA zur Pflegekammer? Fünf gute Gründe:
(1) Die Kammer ist ein Machtinstrument!
Eine Pflegekammer bedeutet vor allem sich Gehör zu verschaffen. Bundesweit gibt es nach aktuellen Schätzungen rund 1,1 Millionen Beschäftigte in der Pflege. In Baden- Württemberg sind es etwa 100.000 examinierte Pflegekräfte. Jährlich steht dem deutschen Gesundheitswesen rund 300 Millionen Euro zur Verfügung. Jedoch: Wer bekommt die Finanzspritzen? Die, denen zugehört wird: den Lobbyisten, der Ärzte- und der Apothekenkammer oder auch der Pharmaindustrie.
Darum: Wir Pflegenden brauchen eine starke, einheitliche Stimme. Wir sind die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Es wird Zeit, dass wir endlich eine berufsständische Interessenvertretung eigenverantwortlich auf die Beine stellen.
(2) Wir wollen selbst über die Pflege bestimmen!
Wir fragen uns wie es sein kann, dass die Pflege zugunsten von z.B. Ärztestellen in den vergangenen Jahren immer mehr Boden verloren hat? Über unsere Berufsgruppe bestimmen andere: Kassen, Ärzte und Verwaltungen. Selbst die Ausbildung und das Examen unseres Pflegenachwuchses liegt nicht in der Verantwortung professionell Pflegender, sondern wird über das Regierungspräsidium geregelt. Bei anderen Berufen undenkbar! Eine Selbstverwaltung der Pflege ist für uns die einzige Lösung.
(3) Wir wollen: Gestalten statt verwalten!
Wer wenn nicht die Pflegenden selbst kann für alle verbindliche Grundsätze und Regeln erarbeiten und überwachen? Zum Beispiel ein einheitliches pflege-ethisches Verständnis? Es ist an der Zeit eigene Qualitätsstandards zu prägen und so klarzustellen, was uns wichtig ist.
(4) Die Pflege braucht mehr Selbstbewusstsein!
Pflegende sind eine eigene Profession, eine eigene Berufsgruppe. Wir sind vieles – mit Sicherheit aber nicht die Gehilfen der Ärzte! Pflegekräfte stehen auf gleicher Augenhöhe mit anderen Berufsgruppe, haben eine anspruchsvolle Ausbildung und ihre eigenen wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse. Eine selbstbewusste, starke Pflege wirkt auch nach außen hin attraktiv – u.a. für den Nachwuchs.
(5) Zwangsorganisation? Nein! Wir sagen: Die Pflegekammer schafft Transparenz – für uns als Berufsgruppe, für Arbeitgeber und die Bevölkerung. Die Pflegekammer ist aus unserer Sicht das gemeinsame Dach, unter dem sich alle Pflegekräfte versammeln. Das Gerüst, das uns verbindet und zusammenhält. Ja, es besteht die Pflicht zur Mitgliedschaft. Jedoch: Nur so werden wir endlich klare, verbindliche Zahlen haben. Heute ist es nur möglich die Anzahl der beruflich Pflegenden zu schätzen. Eine verbindliche Datenlage, wie sie durch die Pflegekammer entsteht, bietet Transparenz. Und Transparenz schafft Argumentationshilfen.
Ein Beispiel: Die künftigen Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, bundesweit 8.000 neue Stellen in der Altenpflege zu schaffen. Bei rund 13.000 Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland scheint das wenig. Allerdings kann aktuell keiner diese Zahl in Relation zu der gesamten Zahl an ausgebildeten Altenpflegern stellen. Es fehlt schlichtweg die Datengrundlage.
Die Pflegekammer kontrolliert Examensurkunden, hat Einblick in erfolgte Fort- und Weiterbildungen und erfasst diese Daten in einem Berufsregister. Für Arbeitgeber und zu Pflegenden wird künftig zentral geprüft, dass alle professionell Pflegenden die benötigten Qualifikationen haben. Das schafft Sicherheit und Vertrauen.
Pflegende übernehmen Verantwortung – das beweist die Berufsgruppe täglich. Die Pflegekammer ist das Instrument, das die Verantwortung für unsere beruflichen Belange in die Hände von uns Pflegenden legt – weil wir es können. Darum: JA zur Pflegekammer.