Ist es nicht sehr gefährlich, in solchen Regionen im Einsatz zu sein?
Natürlich ist das gefährlich. Und dessen bin ich mir bei jedem Einsatz sehr bewusst. Ich weiß, wo ich hingehe, und ich überlege mir diese Entscheidung immer sehr genau. Es gibt keine Garantie, dass man zurückkommt.
Aber ich wollte genau das immer machen. Ich bin dankbar, dass ich das tun kann, was ich mir gewünscht habe. Diese Erfüllung überwiegt für mich die Gefahr. Ich habe diesen Weg nie bereut – im Gegenteil.
Gab es Momente, die Sie besonders berührt oder nachhaltig geprägt haben?
Davon gibt es viele, aber zwei sind mir besonders im Gedächtnis geblieben.
Der erste Moment war im Norden Nigerias. Ein Mann kam mit einer schweren Messerstichverletzung zu uns und musste dringend operiert werden. Er sagte, er könne nicht operiert werden, weil er kein Geld besitze und sich die Behandlung nicht leisten könne. Ich habe ihm erklärt, dass er nichts bezahlen müsse. In diesem Moment begann er zu weinen und sich immer wieder zu bedanken. Das war unglaublich bewegend.
Der zweite Moment war im Feldlazarett in Port-au-Prince in Haiti nach dem Erdbeben. Alles war zerstört, wir arbeiteten in einer großen Halle, etwa so groß wie ein Fußballfeld. Jeden Sonntag gab es dort Musik. Obwohl es wegen der Nachbeben eigentlich zu gefährlich war, kamen unzählige Menschen in kleinen Gruppen. Schließlich war die Halle brechend voll.
Ein Priester und eine Band standen auf einer kleinen Bühne. Wir verstanden kein Wort, weil sie Kreolisch sprachen. Dann bemerkte der Priester uns am Rand, fragte auf Englisch, woher wir kommen, und bedankte sich bei uns. Anschließend wechselte er wieder ins Kreolische. Plötzlich ging die gesamte Halle auf die Knie, und er sagte sinngemäß: „Vielen Dank, dass ihr kommt und uns helft.“
Das war einfach überwältigend. Ich denke bis heute oft daran. Man fühlt sich dabei nicht heldenhaft – für mich ist das, was ich tue, selbstverständlich. Aber solche Augenblicke zeigen, wie viel Menschlichkeit und Dankbarkeit selbst in größter Not existieren.