Stuttgart, 12.04.2019 – 100 Jahre ist es her, dass die 1919 frisch gegründete Rotkreuzschwesternschaft das ehemalige Hotel Hermann in Bad Cannstatt bezog und zu ihrem ersten Mutterhaus machte. Seither sind die Württembergischen Rotkreuzschwestern aus den Krankenhäusern und Pflegeheimen der Region nicht mehr wegzudenken.

Anlässlich dieses bemerkenswerten Jubiläums lud die Württembergische Schwesternschaft am Donnerstag, 11. April 2019, rund 400 Gäste aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zum Festakt in den Weißen Saal des Neuen Schlosses nach Stuttgart ein. Neben den Ehrengästen waren auch Freunde der Schwesternschaft und natürlich die Rotkreuzschwestern selbst geladen.

Den Festakt eröffnete Susanne Scheck, Vorstandsvorsitzende der Württembergischen Schwesternschaft mit den Worten: „Nun ist es endlich soweit, wir freuen uns unseren 100. Geburtstag gemeinsam mit Ihnen zu feiern.“

Gerda Hasselfeldt, Schirmherrin des Jubiläumsjahrs und Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, betonte als erste Rednerin des Tages die wichtige Rolle der Schwesternschaften innerhalb des Roten Kreuzes: „Die Schwesternschaften sind das Herzstück des Roten Kreuzes.“ Sie stellen im Kern dar, was wir sind, so die Präsidentin weiter. Das Rote Kreuz sei nicht nur irgendeine Hilfsorganisation, sondern eine Wertegemeinschaft. „Unsere Arbeit wird getragen von der Liebe zu den Menschen, die Hilfe brauchen.“ Auch stellte Gerda Hasselfeldt die unternehmerische Leistung der Württembergischen Schwesternschaft in den vergangenen 100 Jahren heraus. Der Zusammenschluss der Rotkreuzschwestern in Württemberg sei ein beachtenswertes Unternehmen. Diese Leistung verdiene großen Respekt. Die Präsidentin zeigte auf, dass sich unternehmerisches Handeln und ein ethisches Wertegerüst nicht ausschließen.

Der Stuttgarter Bürgermeister Dr. Martin Schairer dankte im Namen von Oberbürgermeister Fritz Kuhn der Württembergischen Schwesternschaft für die jahrzehntelange Zusammenarbeit. Der rasante Anstieg an Pflegebedürftigen verlange passende, neue Konzepte und vertrauenswürdige Partner, so Dr. Schairer.

Auch Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann, Ministerialdirektor aus dem Stuttgarter Sozialministerium, wies auf die partnerschaftliche Kooperation mit der Württembergischen Schwesternschaft hin. Pflege sei das politische Megathema, so Prof. Hammann. Rotkreuzschwestern haben die Pflege professionalisiert und seien Vorbilder. Auch dankte Prof. Hamann im Namen des baden-württembergischen Sozialministers Manne Lucha für die Mitarbeit der Stuttgarter Rotkreuzschwesternschaft in verschiedenen Arbeitsgruppen des Ministeriums für Soziales und Integration.

Dr. Lorenz Menz, Ehrenpräsident des DRK Landesverbands Baden-Württemberg und Vorstandsmitglied der Württembergischen Schwesternschaft vermittelte einen persönlicheren Rückblick auf die vergangenen 100 Jahre. Dr. Menz bezeichnete Rotkreuzschwestern als Frauen, die nicht weggeschaut, sondern angepackt haben. „Da braucht es einem nicht bang zu sein um die Schwesternschaft, wenn sie solche Führungspersönlichkeiten hat“, lobte Dr. Menz die amtierende Oberin Susanne Scheck.

„Die Württembergische Schwesternschaft ist eine Institution, die für mich wie ein Bollwerk gegen die Hoffnungslosigkeit ist“, so der Ehrenpräsident des baden-württembergischen Roten Kreuzes. Auch betonte Dr. Menz die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit der Schwesternschaft mit dem Landesverband und der gesamten Rotkreuzfamilie. Dieser Schulterschluss sei wichtig, nicht nur für die Pflege.

Als Hauptredner konnte Prof. Dr. med. Giovanni Maio, Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Freiburg, gewonnen werden. Er hielt den Festvortrag mit dem Thema: „Die Pflege als Urmanifestation der Sorge um den Menschen.“

Pflege, das sei gelebte Sorge, so Prof. Maio. Pflegende zeigen dem Menschen in seiner Bedürftigkeit, dass er immer noch ein ganzer Mensch ist. Prof. Maio stellte die Bedeutung der Pflege trotz allen medizinischen Fortschritts in den Mittelpunkt seiner Festrede. Pflege sei Beziehungsarbeit, lebe von einem explorativen, offenen und dialogischen Vorgehen. „Pflegende sind Meister in der Wahrnehmung“, so der Freiburger Wissenschaftlicher und fuhr fort: „Die Beziehung heilt das Gefühl des Ausgeliefertseins.“ Sie sei die Antwort auf den Appell des anderen: „Hilf mir“.

Prof. Maio betonte seinen Respekt und seine Anerkennung gegenüber der Berufsgruppe der Pflegenden. Pflege sei immer Arbeit in der Unmittelbarkeit, die situative Kreativität und Anpassungsfähigkeit erfordere.

Den Abschluss des offiziellen Teils stellte die Rede der Vorstandsvorsitzenden der Württembergischen Schwesternschaft dar. Susanne Scheck bedankte sich zu Beginn für die lobenden und inspirierenden Beiträge der Redner. Nach 100 Jahren seien die Charlottenschwestern, wie der Gründungsname lautete, aus Württemberg und aus Stuttgart nicht mehr wegzudenken. Das bemerkenswerte Jubiläum stehe für 100 Jahre pflegen, helfen, begleiten mit Empathie.

Rotkreuzschwestern stünden auch 2019 ihre Frau – Tag für Tag aufs Neue. Verantwortungsvoll und im Bewusstsein der Leistungen früherer Rotkreuzschwestern. Es sei eine der größten Herausforderungen, die enorme Bedeutung und die Besonderheit der Solidargemeinschaft nach außen hin zu vermitteln, „uns ins kollektive Gedächtnis der Gesellschaft zurückzubringen“, so Susanne Scheck.

Susanne Scheck nahm die Anwesenden mit auf eine Reise in die Vergangenheit und beleuchtete in ihrer Ansprache die bemerkenswerten Frauen, die die Württembergische Schwesternschaft formten und aufbauten: Vom ersten Mutterhaus und der ersten eigenen Klinik in Bad Cannstatt, über die entbehrungsreichen 1920er Jahre mit Persönlichkeiten wie Alexandrine Gräfin von Uexküll bis zu Regine Köhler, der Oberin, die die Schwesternschaft durch die Schrecken des zweiten Weltkriegs brachte.

„Wir können stolz auf das sein, was wir als Rotkreuzschwesternschaft seit unserer Gründung 1919 vollbracht haben. Unsere Vorgängerinnen haben Württemberg zweimal mit aufgebaut und zur Entwicklung eines gut funktionierenden Gesundheitssystems beigetragen. Rotkreuzschwestern waren maßgeblich an der Verbreitung des Symbols des Roten Kreuzes und seinen Werten beteiligt. Das alles ist hier rund um Stuttgart geschehen – dem Ursprung, dem Kernland der Rotkreuzbewegung in Deutschland“, resümierte Susanne Scheck und zeigte einen optimistischen Blick in die Zukunft auf. „Für die kommenden 100 Jahre haben wir die Weichen gestellt. Mit neuen, eigenen Einrichtungen und einem in die zukunftsgewandten Bauprojekt in Stuttgart haben wir die Segel in die richtige Richtung gesetzt.“

Mit einem Aufruf an die anwesenden Rotkreuzschwestern beendete die Vorstandsvorsitzende ihre Rede: „Was werden wohl künftige Rotkreuzschwestern über uns in 100 Jahren sagen? Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft so gestalten, dass auch unsere Nachfolgerinnen mit Anerkennung und voller Achtung an die heutige Generation zurückdenken werden.“

Musikalisch begleitet wurde der Festakt durch die TalkingDrums. Das Percussionensemble der Musikhochschule Stuttgart sorgte mit seinen ungewöhnlichen Rhythmen für Begeisterung im Weißen Saal des Neuen Schlosses. Das Zusammenspiel der Trommelklänge und des klassischen Veranstaltungsorts verdeutlichten die Verbundenheit der Rotkreuzschwesternschaft mit der eigenen Tradition und die gleichzeitig moderne, zeitgemäße Ausrichtung der Organisation.

Der Festakt bildet den Startschuss für das Jubiläumsjahr 2019:

Als weitere Aktionen zeigt die Württembergische Schwesternschaft u.a. vom 8. bis 24. Mai 2019 im Haus der Wirtschaft in Stuttgart und vom 18. Juni bis 14. Juli 2019 im Stuttgarter Rathaus eine Ausstellung zur ihrer hundertjährigen Geschichte.

Auch hat die Stuttgarter Rotkreuzschwesternschaft das Buch „pflegen helfen“ herausgegeben, welches auf die vergangenen 100 bewegten und spannenden Jahre zurückblickt.

Bilder © Luzie Maquardt